Mittwoch, 27. März 2013

Wer pflegt die Pflegenden??

Liebe Mitmenschen,
seit nunmehr fast 20 Jahren arbeite ich als Fachkraft in der Altenpflege.
Die Bedingungen waren schon immer mehr als durchwachsen, aber inzwischen ist es nicht mehr zu ertragen.
Altenpfleger, die aus welchen Gründen auch immer diesen Beruf erwählt haben werden täglich mit existenziellen Situationen wie Krankheit, Sterben und Tod konfrontiert. Täglich dringen wir in die Intimsphäre der uns anvertrauten Menschen ein. Wir nehmen täglich Dinge in die Hand die andere nicht mal aussprechen, Exkremente, Blut, Erbrochenes etc.. Wir lachen, weinen, reden und schweigen mit unseren Bewohnern und Bewohnerinnen. Wir versuchen in einem unwürdigem System ihre und unsere Würde zu erhalten. Es sind Menschen, die den Krieg überlebt haben, die das Land aufgebaut haben, uns bzw. unsere Eltern großgezogen haben. Und jetzt?? Sie werden in ein System gepresst in dem ihre Bedürfnisse im Minutentakt abgerechnet werden. Unsere Arbeitskraft ist ein Kostenfaktor an dem es einzusparen gilt. Selbst kirchliche Träger gründen ihre eigenen Zeitarbeitsfirmen umd konkurrenzfähig zu bleiben. Eine Pflegefachkraft kann von ihrem Gehalt keine Familie, eine Hilfskraft kaum sich selbst ernähren. Es ist ein unglaubliches Armutszeugnis, wenn ein so reiches Land so schäbig mit ihren schwächsten umgeht. Kaum eine Pflegekraft schafft es bis zur Rente zu arbeiten, entweder streikt vorher der Körper oder die Psyche oder beides.
Kaum jemand scheint es zu interessieren welchen Belastungen eine Pflegerin oder ein Pfleger ausgesetzt ist und welche Folgen diese permanente Überlastung hat.
Meist ändert sich die Wahrnehmung, wenn man selbst betroffen ist, weil z.B. die eigene Mutter oder der Vater ins Pflegeheim muss. Dann werden Mißstände sichtbar für die man sich bislang noch nie interessiert hat. Und wer ist in den Augen der Angehörigen schuldig, wenn Mutti oder Vati nicht in ihrem Sinne gepflegt wird? Genau, die zweitärmste Sau im System, die Pflegekraft!
Dabei gibt es genug Menschen, auch Prominente, die seit Jahren öffentlich auf die Mißstände hinweisen, aber letztlich muss man feststellen, es interessiert keinen.
Ich würde mir wünschen, daß die Pflegekräfte sich endlich solidarsieren und ein Aufschrei durchs Land geht. Vielleicht werden die Verantwortlichen wach, wenn wir aufstehen und laut und deutlich "STOP, Mit uns nicht mehr" schreien. Selbst wenn wir nur für kurze Zeit die Arbeit niederlegen würden hätte es einen totalen Zusammenbruchs des Systems zur Folge.
Ich wollte letztes Jahr eine Umschulung machen, weil die Arbeitsbedingungen in diesem Beruf direkt zu einer schwere Depression geführt haben. Sie ist abgelehnt worden und nun sitze ich wieder hier und verwalte den Notstand.
In diesem Sinne "Frohe Ostern"

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